Wer kämpft kann verlieren…

Alex Parschalk ■ Der langjährige UHUDLA Mitarbeiter und Unterstützer ist im 49. Lebensjahr gestorben. Viele Freundinnen und Freunde drücken seither in vielfältiger Weise ihre Bestürzung über den viel zu frühen Tod von Alex aus.  alexparschalk
Ein Nachruf, erschienen in der UHUDLA Ausgabe 99/2013

Die Schwachen kämpfen nicht.
Die Stärkeren kämpfen
vielleicht eine Stunde lang.
Die noch stärker sind,
kämpfen viele Jahre.
Aber die Stärksten kämpfen
ihr Leben lang.
Diese sind unentbehrlich.

Jahrzehntelang war Alex vielen fortschrittlichen Menschen in Wien und darüber hinaus ein Begriff: Als Aktivist der SchülerInnen- und der Umweltbewegung, als Wirt im KUKU, später im DOGMA, als Mitorganisator der Donnerstagsdemos gegen die Haider-Schüssel-Regierung, als guter Zuhörer und sensibler Freund, als hilfsbereiter, aber auch verletzlicher Weggefährte.
Alex vermittelte gerne Botschaften mit den T-Shirts, die er gerade trug und zwei davon sind charakteristisch für die Philosophie, die seinem Handeln zugrunde lag. Die erste ist eine Aufforderung von Che Guevara: „Seien wir realistisch, versuchen wir das unmögliche“ und die zweite eine selbstironische Erkenntnis von Bert Brecht: „Ich habe große Mühe, ich bereite gerade meinen nächsten Irrtum vor“.
In den 1980er Jahren trug Alex wesentlich zum Aufschwung der Kommunistischen Jugend bei. Er baute Gruppen auf, er diskutierte, er organisierte, er war allgegenwärtig. Und seine größte Stärke war das Zugehen auf die Menschen, die Kommunikation.
Als glühender Internationalist hatte er wesentlichen Anteil an den großen Solidaritätsaktionen jener Zeit, wie jener zur Abschaffung der Apartheid in Südafrika oder die Spendensammlung „Rettungswagen für Palästina“. Er war in innigem Kontakt mit den im Wiener Exil befindlichen Jugendlichen der Kommunistischen Jugend Chiles, unterstützte sie nach Kräften und freute sich mit ihnen, als sie nach dem Sturz von Diktator Pinochets wieder in die Heimat zurückkehren konnten.
Alex zählte Menschen aus arabischen Ländern ebenso zu seinen Freunden, wie Menschen jüdischen Glaubens, Menschen schwarzer Hautfarbe ebenso wie Menschen aus den unterschiedlichsten Gegenden unseres Kontinents.
In den Beisln, die Alex als Wirt mit anderen betrieben hat, das KUKU in den 1980er und 90er Jahren und das DOGMA um die Jahrhundertwende, war es stets etwas Besonderes, wenn Alex „Dienst“ hatte. Viele kamen extra deshalb, um ihn hinter der Budl anzutreffen, er konnte dozieren, er konnte zuhören, lachen und streiten wie kein anderer.

Alex konnte omnipräsent sein.  Er konnte aber auch still sein, tieftraurig und bedrückt

In vielen Berufen hat Alex gearbeitet, und vielen Berufungen ist er gefolgt. Er hat am Trabrennplatz in der Krieau für Ordnung gesorgt, er hat als Küchenmonteur gearbeitet, als Tischler und Netzwerktechniker. Er hat eine Ausbildung zum Jugendleiter gemacht, war zuletzt als Kinderbetreuer tätig.
Alex war Wirt, Radiomacher, Widerstandsorganisator gegen Schwarz-Blau. Er stand in politischen Auseinandersetzungen in der ersten Reihe. Alex konnte mutig sein und stark, er konnte aber auch verletzlich sein und schwach. Er konnte der beste Freund sein, den man sich vorstellen kann, er war alles zu teilen und immer zu helfen bereit, es war aber auch besser, ihn nicht zum Feind zu haben.
Alex hat im Herbst 2008 als Freizeitbetreuer in der Wiener Kinder- und Jugendbetreuung zu arbeiten begonnen. Schulübergreifend hat er Fußballturniere mitorganisiert und mit seinen Kids und KollegInnen den Pokal gewonnen – der einzige, der mit einer Verletzung vom Platz ging, war er selber.
Alex war ein durch und durch politischer Mensch, und so war es klar, dass er sich auch in seinem Arbeitsumfeld für die Rechte und Anliegen der hunderten KollegInnen einsetzte. Insofern war es für ihn nur selbstverständlich, bei den Betriebsratswahlen 2009 zu kandidieren.
Alex hat sich aktiv in die Betriebsratsarbeit gestürzt. Er half an allen Ecken und Enden, vor allem suchte er den Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen. Durch seine offene Art gelang es ihm Vertrauen aufzubauen und die KollegInnen zu motivieren, sich für ihre eigenen Rechte und Anliegen einzusetzen. Er wollte nicht nur Recht, sondern Gerechtigkeit. Alex war keiner, den man Bitten oder Drängen musste  etwas zu tun.
„Wir hatten gemeinsam viele Konflikte im Betriebsrat und mit Arbeit- und Subventionsgebern auszustehen. Alex wusste, dass diese Kämpfe und Konflikte aufgrund der Interessensgegensätze objektiv notwendig sind, doch als sensibler Mensch hat er die Konflikte subjektiv oft auch fast nicht ausgehalten”, erinnert sich Selma Schacht, die Betriebsrats  Chefin des Verein der Wiener Kinder- und Jugendbetreuung.
Insofern passen Berthold Brechts Worte zu ihm, persönlich wie politisch:

Wer kämpft kann verlieren –
wer nicht kämpft hat schon verloren.
Adieu, Alex!

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