Keinen Bauch für Niemand

bauchDen ÖsterreicherInnen droht wahre Verbotsflut. SPÖVP-Koalition im „Reformrauch” ■ Die alpenländische Gastronomie tobt. Denn nach jahrelangen Diskussionen zwischen den beiden Regierungsparteien und in Geheimverhandlungen mit den Grünen von der Opposition soll es nun fix sein: 2015 kommt das generelle Rauchverbot in der Gastronomie. Doch dabei soll es laut namhaften Experten nicht bleiben.
Von Erich Maria Freudenthaler, erschienen in der UHUDLA Ausgabe 103/2015

Wenn die Gerüchte aus dem Regierungsumfeld stimmen, steht den Wirten eine wahre Verbotslawine ins Haus. Deren Leidensfähigkeit wird damit noch weiter geprüft.

An folgende Verbote werden sich Herr und Frau Österreicher wohl noch gewöhnen müssen:

Für Freddy Krawarik, dem Besitzer des Floridsdorfer Gasthauses „Zum wonnigen Seiterl“, ist die Sachlage klar. Die Regierung wolle nur eines: „Die wollen uns den Garaus machen. Aber wieso gerade wir? Was wollen die eigentlich? Soll es in Zukunft nur mehr rauchfreie Nobelbeisln geben, in dem die Hofratswitwe dem Promianwalt die Klinke in die Hand gibt?“
So wie Krawarik, der sein Gasthaus nun schon seit 33 Jahren betreibt und jedes Jahr schaut, dass er „irgendwie über die Runden kommt“, denkt wohl jeder in der Gastronomie, jedenfalls unter den kleinen Wirten. Sepp Ohnesorg, Spartenobmann der Gastronomie bei der Wiener Wirtschaftskammer:
„Zuerst das Spielautomatenverbot, dann Verschärfungen beim Jugendschutz, bei den Öffnungszeiten, beim Betrieb der Schanigärten, zuletzt die Ausweisungspflicht für allergene Speisen, dann die Registrierkassenpflicht, jetzt das Rauchverbot. Was soll als nächstes kommen? Ein Alkoholverbot? Ein Fettverbot? Ein Gulaschverbot? Ein Brotverbot?“
Der Zynismus Ohnesorgs ist nur zu verständlich. Doch so überspitzt die Reaktion des Spartenobmanns auch anmuten mag, sie scheint nicht einmal übertrieben,  wie dem Uhudla exklusiv zugespielte Insider-Informationen aus Expertenkreisen vermuten lassen. Denn laut diesen plant die Regierung angeblich noch eine Reihe weiterer Verbotsmaßnahmen.
Die Verbote sollen ausgerechnet deshalb noch heuer durchgeboxt werden, weil die Öffentlichkeit „gerade an Verbote gewöhnt ist und es keinen Sinn macht, alle drei Jahre eine Verbotsdiskussion durchkauen zu müssen“ so der Insider, ein führender Angestellter im Gesundheitsministerium. Daher werde die Verbotspalette gleich in Einem serviert.
Neben einem generellen Rauchverbot kommt auch ein generelles Lauchverbot in der Gastronomie. Das Gefährdungspotenzial von Lauch ist schon lange bekannt. 2012 gab es laut Statistik Austria 14 nachgewiesene Fälle, in denen KonsumentInnen wegen einer Lauchvergitftung in österreichische Spitäler eingewiesen wurden. Die Dunkelziffer soll noch viel höher und im dreistelligen Bereich liegen. Bisherige Bemühungen um eine stärkere Regulierung des Lauchs sind am starken Widerstand der Lauchlobby gescheitert. Nun aber ist die Zeit der Kompromisse offenbar auch beim Lauch vorbei.
Neben einem generellen Lauchverbot ist auch ein generelles Bärlauchverbot fix. Noch viel gefährlicher als der gemeine Lauch soll nämlich der Bärlauch sein. Bekannt ist, dass es in der Bärlauchsaison, also zwischen Mitte März und Mitte April, immer wieder regelmäßig zu Todesfällen kommt, weil anstatt Bärlauch das zum Verwechseln ähnliche aber giftige Maiglöckerl oder gar die Herbstzeitlose gepflückt wurde. Die Verantwortlichen im Gesundheitsministerium sehen sich hier in der Pflicht und sie wollen, das generelle Bärlauchverbot nicht nur auf den selbst pflückenden Gastronomen, sondern auf jedermann und jederfrau, also jeden Wald besuchenden Österreicher und Österreicherin erstreckt sehen.

In den Lokalen dürfen in Zukunft nur mehr Programme von heimischen Fernsehsendern ausgestrahlt werden

Auch das generelle Schlauchverbot kommt noch 2015. Nach dem Motto „kein alter Wein in neuen Schläuchen“ wird mit verstärkten stichprobenartigen Kontrollen dem Unterjubeln alter Ware, das in der Gastronomie gang und gäbe sein soll, ein Riegel vorgeschoben.
So soll es im Zeitraum 2008-2013 zu 234 Spitalseinlieferungen gekommen sein, die nachweislich auf die Konsumierung alter und teilweise nicht hygienisch gelagerter Lebensmittel ausgelöst wurden. In 32 dieser Fälle wurde eine langwierige Gelbsucht diagnostiziert, an denen die Betroffenen noch heute laborieren.
2012 wurde ein Fall bekannt, in dem das Lebensmittelinspektorat in einer Konditorei ein laut Untersuchung 28 Tage altes Punschkrapferl fand (der Uhudla berichtete). 2008 wurde in einem Beisl in Linz-Urfahr eine Portion Cevapcici serviert, dessen Fleischbestandteile laut Laborbericht schon seit über einem Monat abgelaufen war. Angesichts der augenscheinlichen Dramatik dieser Situation sei keine Zeit zu verlieren, wie eine Kontaktperson in Regierungskreisen auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigt. Auch das Schlauchverbot ist damit fix.
Doch dabei bleibt es nicht. Was unter dem Titel des „generellen Jauchverbots“ gemeint ist, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Auf Nachfrage heißt es, dass in Lokalen in Zukunft nur mehr heimische Fernsehsender gesendet werden dürfen. Assinger statt Jauch, so also die Devise. Dies soll der heimischen Werbewirtschaft und der heimischen Wirtschaft generell dienen. Vorprogrammierten Konflikten mit dem in dem laut EU-Recht geltenden freien Wettbewerb sieht man im Regierungsumfeld offenbar gelassen entgegen.

Der grandiose Mut österreichischer EntscheidungsträgerInnen macht jede „Reform” zum großen Erfolg

Und noch ein letztes Verbot: Fix ist auch das „generelle Bauchverbot“ in der Gastronomie. Aufgrund zunehmender Beschwerden von Anrainern, die sich über zu viel gezeigte Haut in Schanigärten beschwerten, wird in einem Schwall auch gleich das Bauchverbot beschlossen. Unbedeckte Bäuche in Österreichs Lokalen sind also in Zukunft tabu.
Was einen bei dieser Flut an Verboten nicht überraschen wird, ist, dass diese über die Gastronomie sogar noch hinausgeht und auch vor anderen Gesellschaftsbereichen nicht halt macht. Laut dem Geheimpapier, das dem Uhudla zugespielt wurde, soll es ab 2016 nämlich auch ein „generelles Tauchverbot“ in heimischen Badegewässern geben. Ein Blick in die Statistik genüge, so das Papier aus dem Geheimen, sollen doch allein im Jahr 2011 25 Personen Opfer von Tauchgängen geworden sein, acht davon endeten tödlich.
Die Regierung hat sich hier einiges vorgenommen. Kommen all diese „Reformen“, so zeugen sie davon, dass Österreichs Entscheidungsträger mit Sicherheit eines haben: Mut. Ob sie auch von Weitsicht zeugen, das wird sich weisen.

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