Sigi Maron dankschee

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© Christian Znopp

Nach dem dunklen koid’n Gag ■ Sigi Maron ist mit 72 Jahren gestorben. Die Liste der toten UHUDLA-Mitwirkenden, der Freundinnen und Freunde ist in den 25 Jahren der rebellischen Zeitschrift sehr lang, verdammt lang geworden.
Wir würdigen in der UHUDLA-Ausgabe 105 unseren Freund, Mitstreiter und Autor auf drei Seiten und erinnern unsere Leserinnen und Leser an das Vermächtnis von Sigi.

 

Sigis Lebenswerk: 19 Alben und CDs, 180 Lieder (alle zum nachhören und herunterladen), zwei Bücher, hoffentlich noch alles lange auf http://www.maron.at. Maron hat im UHUDLA zahlreiche Texte veröffentlicht. Für Sigi und Fritz Nußböck war es selbstverständlich für das 100er Fest der rebellischen Straßenzeitung im Wiener Chelsea am 12. September 2013 zu singen und zu spielen. Kostenlos wohlgemerkt. „Wüst mi pflanz’n”, lautete seine Antwort wegen eines Honorars.
Christian Znopp hat obiges Bild im Sinne von „Spielfreude” während des UHUDLA-Festes abgelichtet.

Der „Protestler” ist tot, doch seine Lieder werden weiterleben

Wieder hat es einen der Guten, eigentlich einen sehr Guten erwischt. Bei Sigi tut’s besonders weh. Wir haben uns genau vor 40 Jahren während der Arena Besetzung in St. Marx in Wien kennen gelernt und sehr oft miteinander die Ballade von einer „Hoatn Woch’n” gesungen. Hab‘ mindestens ein halbes Dutzend Veranstaltungen mit Maron organisiert. Sigis Lebenswerk sollte nicht auf das „Leckts uns am Oasch” reduziert werden. Wir würdigen an dieser Stelle das politische, gewerkschaftliche und gesellschaftskritische Engagement des rebellischen Protestliedermachers und enthusiastischen Songinterpreten.
Sigi war ein eifriger Sänger und Texter für eine friedliche und bessere Welt. Mit viel Wut, Leidenschaft und Zärtlichkeit hat er, als gäbe es kein Morgen, seine Botschaft in tausenden Auftritten von der Bühne ins Publikum geknallt. Alles immer ohne Rücksicht und ohne Schonung für sich und seine ZuhörerInnen. Keine Bühne war dem Energiebündel auf Rollstuhlrädern zu groß, aber auch nicht zu klein. Sigi Maron der Kommunist, der mehrmalige KPÖ-Wahlkämpfer ganz oben auf den Stimmzetteln, der Agitator, der ArbeiterInnenliedermacher, der Linksgewerkschaftsmusikant wie Pete Seeger und Woody Guthry, der Poet und Lyriker, und und und.

Auf der großen Bühne des politischen Liedes lichten sich die Reihen

Er zelebrierte „sein” Protestlied nicht nur in den großen Veranstaltungstempeln dieser Welt, sondern auch auf winzigen Rampen in kleinen Beis’ln. Im Fischamender Stand Up Club war er gleich 20 Mal aktiv. Das war sein „Heimspiel”, des öfteren auch mit Musikerkollegen und vor allem dem Texter seiner meisten Songs, mit Fritz Nußböck. „Ich hab‘ viele Lieder getextet. Aber ich hatte so ein Scheiß-Lampenfieber, dass ich meine eigenen Texte nicht rüberbringen konnte. Der Sigi und ich waren zusammen genial, weil der Maroninger war eine richtige Rampensau. Auf der Bühne war dem alles wurscht. Da gab’s nur Publikum, Gitarre und Gesang”, erzählt der Fritz über sich und seinen Freund Sigi.
Weil ich schon dabei bin, noch ein „Nachruf” auf einen meiner Wiener Freunde. 66jährig ist ein weiterer sehr guter, bescheidener Akteur der Kulturszene Österreichs urplötzlich gestorben. Leo Schmid war Chef der Wiener JungkommunistInnen in den 70er und 80er Jahren. Seine Initiative war die Jugendbühne am Volksstimmefest auf der Arena Wiese im Wiener Prater. Sigi Maron, die Schmetterlinge mit der Proletenpassion von Heinz R. Unger, Minisex, STS, Ostbahn Kurti, Drahdiwaberl, Georg Danzer und alles was damals wie heute Rang und Namen hatte, spielten oft zum ersten Mal auf großer Bühne und vor großem Publikum.

Martin Wachter
UHUDLA Herausgeber

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Sigi Maron, mit Kappe und Freund Fritz Nußböck beim UHUDLA Fest. © UHUDLA 100 Ch. Znopp

Sigi Marons Vermächtnis:

Adieu Live Mensch

Herzlichen Dank Sigi ■ Jetzt ist er ihn doch gegangen, den “koiden dunklen Gang”, wie in Sigi Marons größten Erfolg “Geh no net furt” besungen.

Reisende soll man nicht aufhalten. Kann man oft auch gar nicht. Im Alter von 72 Jahren hat den Liedermacher Sigi Maron sein Schicksal ereilt. Doch halt, Blödsinn! Schicksal war schon viel früher – und öfter, mehrmals. Auch seine Aorta-Operation, die ihn 2007 wieder ins Leben und ins künstlerische Schaffen zurückgeholt hatte, war schicksalhaft.
Sigfrid “Sigi” Maron (1944 – 2016) war ein sozialkritischer Liedermacher, wie er im Buche steht. Genau am 40. Jahrestag der Arena-Besetzung ist der Musiker, der mit Liedern und kritischen Texten Erfolge feierte und auch bei der Arena, in Zwentendorf und Hainburg an vorderster künstlerisch musikalischen Front dabei war, 72-jährig in Baden bei Wien verstorben.
Sigi Maron schätzt, dass er mehr als 2.000 Konzerte gespielt hat, in jüngeren Jahren mitunter bis zu 200 Live-Auftritte jedes Jahr. Dazwischen immer wieder Pause, wenn der Körper nicht mehr mitmachen wollte. Erst nach einer 14-jährigen krankheitsbedingten Pause veröffentlichte er 2010 das Doppelalbum „Es gibt kan Gott“, das zu seinem Comeback wurde.

Sigi Marons bekanntestes Lied war die “Ballade von ana hoatn Wochn”
– mit dem Götz-Zitat als Refrain.

Er tat alles, wie er selber sagte, „höflich, vornehm und dezent, allerdings unter Einschluss eines gewissen ordinären Wortschatzes“. Und er war ein “Live-Mensch”, er brauchte das Publikum. 2014 begann er seine Abschiedskonzerte, spielte zum letzten Mal auf dem “Volksstimmefest” – und geigte auch beim 100er UHUDLA-Jubiläum im Wiener “Chelsea” auf. Honorar nahm er keines, weil es für Sigi, wie er sich ausdrückte, eine „Ehrensache” war für den UHUDLA spielen zu dürfen.
Der Sigi war mit “Geh no net furt” zehn Wochen lang in der Hitparade, das war 1985. Marons Vermächtnis ist das 2014er Werk “Dynamit und Edelschrott” als Platte. Sein letztes Buch “Schmelzwasser” – eine Assoziationskette, möglicherweise ein Roman, keine Gebrauchsanweisung für eine Waschmaschine, aber fast ein Kochbuch“ ist in der Bibliothek der Provinz mit knapp 300 Seiten erschienen. Die Covers gestaltete wie immer Tochter Nina Maron.
Ein wiederkehrendes Element dabei ist der Frosch. Als zwölfjähriger lag Sigi für etwa acht Wochen in der Eisernen Lunge und konnte sich nicht bewegen. Das war in der “Waldschule”, einer Sonderanstalt für behinderte Menschen im Föhrenwald bei Wiener Neustadt. Am Höhepunkt der Polio-Epidemie hatten die schwer bedienten Opfer der Kinderlähmung dort ihre Station.
Bei den hygienischen Zuständen der 1950er-Jahre waren die Fenster geöffnet um für Luftzirkulation zu sorgen. Aber damit kamen auch die Fliegen. Sigi war in dem monströsen Beatmungsapparat eingeschlossen. Er vermochte weder den Kopf zu drehen noch mit den Augenlidern zu zwinkern. Er konnte die hartnäckigen Quälgeister auf seinem Gesicht nicht abwehren und vertreiben.
Also imaginierte sich das todkranke Kind einen Frosch herbei, der auf seiner Stirn sitzend die Fliegen wegfrisst.

„Mit diesem Frosch hab ich mich angefreundet,
er war der erste Genosse  in meinem Leben“

Dieses Zitat begleitete Sigi Maron zeitlebens. Und der Frosch auf vielen Covers und Buchumschlägen wurde zu einem bleibenden Motiv, wie auch auf “Schmelzwasser”, Sigis Vermächtnis in Buchform.
„Drübn wortns schon auf di, grod auf di.“ Eine Nummer, zu Recht in der Hitparade. Nix werden wir wieder hinkriegen. Sigi Maron ist gegangen. Bleiben werden Songs mit Gänsehautfaktor. Könnte schon sein, dass sie drübn auf di warten, grod auf di….
Sigi Maron, Kommunist, Weltverbesserer und Protestsong-interpret, der größte und gesellschaftskritischste Liedermacher Österreichs mit dem typischen Che-Guevara-Kapperl am Kopf, hat die 12saitige Gitarre geschultert, sich den roten Schal zurechtgerückt und ist über den Jordan gegangen, hat kein bisserl länger mehr durchgehalten.
Also, das was du gemacht hast „finden wir Super” sagt dir das UHUDLA-Team zum Abschied.

kawei

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