Die Hoffnung nie aufgeben

M_Cäsar

Zum Abschied von Maria Cäsar ■ Ich habe die traurige Nachricht erfahren, dass die antifaschistische Widerstandskämpferin Maria Cäsar kurz vor ihrem 97. Geburtstag von uns gegangen ist. Viele Erinnerungen an gemeinsame Momente mit Maria sind mir seither durch den Kopf gegangen:
An unser letztes Gespräch am 1. Mai 2017, als sie mich nach der Demonstration umarmte und sagte: „Sehr schön host g’redet – nur a bissl lang war’s.“ Und sie herzlich lachte, als ich antwortete: „Maria, du weißt ja eh wie das ist, wenn man einmal zu reden anfängt…“
Eine persönliche Danksagung von Robert Krotzer, Gesundheitsstadtrat in Graz

Oder als ich im Jänner 2017 zum letzten Mal gemeinsam mit Hanno Wisiak bei ihr im Wohnzimmer saß, wir bei einem Kaffee über die politische Lage diskutierten und gemeinsam mit ihr einen Video-Wahlaufruf für die KPÖ Graz aufgenommen haben. Ich erinnere mich auch an das Zeitzeuginnengespräch mit Maria am 8. Mai 2013 auf der Uni Graz, wo sie als damals 93-jährige Frau mit einer solcher Leidenschaft und voll menschlichem und politischem Tatendrang sprach, dass wir als junge Menschen wussten, dass wir von ihr noch eine Menge lernen können.

Und wie sie danach zu uns sagte: „So, was würdet’s ihr jetzt machen, wenn ihr euch nicht darum kümmern müsstet, dass ihr mich wieder nach Hause bringt?“ Als wir darauf antworteten, dass wir wohl auf ein Bier gehen würden, sagte Maria: „Und genau des mach ma jetzt – und ich komm a mit, weil heut mag ich nicht alt sein, sondern mit euch fortgehen!“ So saßen wir schließlich mit Maria im Grazer Café Einstein.
Ebenso erinnere ich mich an die Auftritte von Maria beim Antifa-Kongress der KJÖ Graz, beim 16. Bundeskongress der KJÖ, an viele Gespräche mit ihr bei Parteiveranstaltungen und Festen im Volkshaus sowie auch die Treffen in ihrem kleinen Haus im Grazer Bezirk St. Peter, wo wir über das Vorwort von Maria für mein Buch „Langes Schweigen. Der NS-Faschismus in österreichischen Schulbüchern“ gesprochen haben. Und ich erinnere mich nicht zuletzt an die Feier zu Marias 96. Geburtstag im Bildungsverein der KPÖ Steiermark.

„Es ist eine eine Freude, dass wir mit Elke Kahr in Graz die Vizebürgermeisterin stellen – eine Kommunistin und eine Frau noch dazu”.

Dort sagte sie nach den Gratulationsworten von Elke Kahr sinngemäß: „Ihr müsst wissen, all die Ehrungen, die ich bekommen habe, die sind sehr spät gekommen. Die Jahrzehnte davor waren auch nach der Befreiung vom Faschismus nicht leicht, als Kommunistin und Widerstandskämpferin im antikommunistischen Klima der Nachkriegszeit. Ich wurde angefeindet, meine Familie wurde angefeindet, Menschen haben die Straßenseite gewechselt, um mich nicht grüßen zu müssen. Ihr könnt euch daher kaum vorstellen, was es für mich für eine Freude ist, dass wir mit Elke Kahr in Graz nun die Vizebürgermeisterin stellen – eine Kommunistin und eine Frau noch dazu! Ich hätte mir nie gedacht, dass ich das noch erleben darf, aber eben deswegen darf man die Hoffnung nie aufgeben.“
Das warst du, Maria. So wie wir dich erleben durften. Eine kluge, mutige Frau, die sich nie verbogen hat und dabei stets voller Lebensfreude und warmherzig, immer darauf bedacht, die Menschen mitzureißen, um an einer besseren Welt für uns alle mitzuwirken. Und damit hast du mich – und viele andere – auch in der Tat mitgerissen.

Dass ich bereits mit 14 Jahren der KJÖ – Kommunistische Jugend Österreichs beigetreten bin, hat indirekt nämlich auch mit Maria Cäsar zu tun: Schon als sehr junger Mensch war ich tief beeindruckt von der Überzeugung und Konsequenz mit der die Kommunistinnen und Kommunisten auch in den dunkelsten Zeiten unserer Geschichte gegen Faschismus, Völkermord und Krieg sowie für Frieden, Sozialismus und ein freies und demokratisches Österreich eingetreten sind. Tausende Mitglieder der illegalen KPÖ haben dieses Engagement mit ihrem Leben bezahlt – unter dem Fallbeil, in Konzentrationslagern oder auch als PartisanInnen.

Maria Cäsars Überzeugung und der Optimismus von der Möglichkeit einer besseren Welt hinterlässt einen tiefen Eindruck

Mit der physischen Vernichtung der mutigsten VertreterInnen der österreichischen ArbeiterInnenbewegung und der Kommunistischen Partei wollten die Nazi-Faschisten alle demokratischen und fortschrittlichen Kräfte mit Stumpf und Stiel ausrotten und auf den Trümmern von Mord und Barbarei ihr „Tausendjähriges Reich“ errichten. So sehr sie aber mit ihren Stiefeln auf den Blumen der Freiheit herumtraten, den Frühling konnten die braunen Horden am Ende nicht aufhalten. Nicht zuletzt deshalb gehört das Andenken an die WiderstandskämpferInnen zu den wichtigsten Traditionen der österreichischen ArbeiterInnenbewegung und der demokratischen und fortschrittlichen Kräfte in diesem Land. 
Manche hatten das Glück, die Verfolgung zu überleben: Sie haben die Jahre in Haft oder KZ durchgestanden, konnten untertauchen oder fliehen. Drei dieser überlebenden kommunistischen WiderstandskämpferInnen durfte ich persönlich kennen lernen: Rudolf Haunschmid, Willi Gaisch und Maria Cäsar. Jedes meiner Gespräche mit ihnen hat tiefen Eindruck bei mir hinterlassen: Ihre tiefe Überzeugung von der Möglichkeit einer besseren Welt, die Konsequenz, mit der sie dafür ungeachtet der persönlichen Nachteile ein Leben lang eingetreten sind sowie der Optimismus, der Tatendrang und die Lebensfreude – trotz alledem.
Zugleich dürfen wir dir Maria Cäsar für so vieles danken. Für deine Menschlichkeit und deine Standhaftigkeit. Für deinen Beitrag für Frieden und Demokratie, deinen Kampf gegen Faschismus und Krieg. Für deinen Einsatz für ein freies, demokratisches und neutrales Österreich. Für deinen Beitrag zur Aufklärung und Bildung tausender Schülerinnen und Schüler als Zeitzeugin und deine Mahnung vor den Folgen von Rassismus, Chauvinismus und Kriegshetze. Für deinen Einsatz für die Frauenbewegung, die Friedensbewegung, die ArbeiterInnenbewegung und für die Kommunistische Partei. Und dafür, dass wir so vieles von dir lernen durften.
Liebe Maria, vielen Dank für so vieles. Wir werden uns bemühen, deinen Kampf fortzusetzen…

„Die Schwachen kämpfen nicht.

Die Stärkeren kämpfen vielleicht eine Stunde lang.

Die noch stärker sind, kämpfen viele Jahre.

Aber die Stärksten kämpfen ihr Leben lang.
Diese sind unentbehrlich.“

(Bert Brecht)

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