Left Brexit – Eine Ansage

Sahra
Das Scheitern der Labour Party
■ Die Niederlage der Arbeiterpartei bei den Wahlen in Großbritannien ist kein Grund, eine Linkswende der Sozialdemokratie andernorts abzublasen.
Was für eine bittere Niederlage für Labour. Und das trotz des mutigsten Programms, das eine sozialdemokratische Partei in Europa in den letzten Jahren hervorgebracht hat:

Von Sahra Wagenknecht via Facebook

Labour wollte das Gesundheitswesen, die Bahn, die Post, die Wasser- und Energiebetriebe sowie einen Teil der British Telecom wieder in öffentliche Verantwortung zurückholen …

… eine Million Jobs in den verarmten ehemaligen Industriegebieten im Norden schaffen, den Sozialstaat erneuern und ausbauen.

Ist ein solches Programm unpopulär?

Umfragen in Großbritannien belegen das Gegenteil. Viele wünschen sich nach Jahrzehnten neoliberaler Demütigung nichts sehnlicher als einen Staat, der das Heft des Handelns zurückgewinnt, aktiv für Arbeitsplätze und soziale Sicherheit sorgt und sie vor den Unbilden der Globalisierung schützt.

Warum hat Labour dann so dramatisch verloren? 


Weil es im britischen Wahlkampf zum Urnengang am 12. Dezember 2019  letztlich nur ein zentrales Thema gab: den Brexit. Eine Partei, die sich dazu nur ein verzagtes Jein leisten konnte, weil sie in dieser Schlüsselfrage selbst gespalten war, hatte in einem solchen Umfeld keine Chance. Boris Johnsons „Get Brexit done“ war eine klare Antwort – wo Labour überhaupt keine gab. Hätte Corbyn Johnsons Plänen einen entschlossenen Left Brexit entgegensetzen können, also das Vorhaben, ein Ende der neoliberalen EU-Verträge für einen sozialen Umbau der britischen Gesellschaft zu nutzen, wäre ein anderes Ergebnis durchaus möglich gewesen.
Traurige Ironie dieses Wahlkampfes:

Labours Sozialstaatsprogramm ist innerhalb der nicht umsetzbar 


Man muss bedenken: Selbst das Geld, das die deutsche Bundesregierung im Rahmen des Klimapakts für einen Ausbau des Bahnnetzes zur Verfügung stellen will, scheitert voraussichtlich an den EU-Beihilferegeln. Eine Ausweitung öffentlichen Eigentums an Schlüsselbereichen der Daseinsvorsorge, Vorrang für Gemeinwohl statt Rendite, all das ist mit den Vorgaben der EU-Verträge schlicht unvereinbar.

Die Wählerinnen und Wähler haben einen feinen Instinkt für solche Widersprüche. Dass vor allem die obere Mittelschicht und die gebildeten Großstädter in Großbritannien gegen den Brexit waren, während ehemalige Industriearbeiter und die Ärmeren für ihn stimmten, ist nicht irrational.

Irrational ist, dass sie mit Boris Johnson einen neoliberalen konservativen Tory wählen mussten, der ihnen noch weniger Schutz, noch weniger soziale Leistungen und noch miesere Löhne bringen wird, um die endlose Bexit-Hängepartie zu beenden.

Bitter, dass es nun so ausgegangen ist

Doch bei aller Dramatik sollte man auch nicht vergessen: Von einem Ergebnis von mehr als 32 Prozent können andere sozialdemokratische Parteien in Europa nur träumen.
Das Scheitern von Labour ist daher definitiv kein Grund, eine Linkswende der Sozialdemokratie andernorts abzublasen.

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