Wo bluesige Töne sich zum Ohrwurm jaulen

Fassl
Siggi Fassl (links). © Christine Tomschitz

Hofkonzert mit Siggi Fassl ■ Gezwungener Maßen brachte die pandemische Krise auch kreative Neuerungen zu Tage, um irgendwie mit sämtlichen Sicherheitsmaßnahmen Konzerte veranstalten zu können.

Von BLONDPRODUCTION „Funky“ Renate Danninger

Im Hotel Zeitgeist Vienna setzt man das auf folgende Art um: Der Künstler spielt im grünen Hotelinnenhof und das Publikum ist paarweise in den hofseitigen Zimmern, bei empfohlenen Room-Service untergebracht. So kann das Publikum vom Fenster aus das Konzert genießen.

Fensterkonzert mal andersrum!

Der Wettergott macht’s spannend, schickt vor Konzertbeginn noch einen heftigen Regenguss samt Hagelschauer, um dann doch gnädig mit Sonne zu glänzen. Im Hotelgarten sitzt Siggi Fassl spartanisch auf einem einfachen Holzstuhl auf Kunstrasen, begleitet von zwei akustischen Gitarren und einem Krügerl Bier.

Das Publikum ist mit genügend Abstand im Hof verteilt oder lauscht vor den offenen Zimmerfenstern. Zwar ist das grüne Gras künstlich, aber der Blues ist dafür umso echter! Country-Blues u.a. von Ry Cooder, Lightnin’ Hopkins und John Lee Hooker und stimmige Eigenkompositionen nisten sich angenehm ins Ohr, im Nu herrscht gelöst-gemütliche Stimmung.

Siggi setzt seine klare Singstimme kraftvoll frei, lässt sie im Innenhof fliegen und auf einer Glückswelle reiten. Sie klingt von geheimnisvoll hypnotisch bis groß, offen und tragend, und sogar Blues typische Juchzer und Kiekser werden authentisch dargeboten

Die Saiten jaulen bluesig im Delta, fröhlicher Saitenwind umweht die Tanzbeine und große Saitenkunst wird mit viel Spielfreude serviert. Der eigene Song „Afraid For Living“ nimmt schon alleine durch den entspannten Groove jegliche Lebensängste und man nimmt den Ohrwurm dankbar mit.

„Mojo Hand“ zeigt Shufflebeat und schelmische Gitarrensolos und „Bring Me Flowers bringt (nicht nur) Mädchenherzen zum Schmelzen, bietet großes Saitegefühl, die Stimme öffnet sich wie eine duftende Musikblume und lässt Gänsehaut aufziehen.

Die Dämmerung hat sich heimlich heran geschlichen und ziemlich plötzlich ist es ziemlich finster. Und es fehlt an Beleuchtung … Siggi Fassl ist kaum mehr zu sehen und er muss quasi blind in die Saiten greifen und an den Reglern drehen. Zu guter Letzt zerdrückt der Bluesgott noch ein paar dicke Regentropfen-Tränen und so geht dieser chillig-schöne Abend nach etlichen heftig beklatschten Zugaben feucht-fröhlich zu Ende.

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