150 Jahre Manifest der KommunistInnen

ManifestEs geht mit der Menschheit nicht  weiter, wenn’s mit dem Ka­pital­is­mus so weitergeht. Es bräuchte ein neues Manifest, um  kritische Geister zu vereinen. In Erman­ge­lung eines neuen Manifestes, zum 150jährigen Erscheinungs­jubiläum, das Manifest der roten Großväter Karl Marx und Friedrich Engels. 
Zur Er­­inner­ung: das Mani­fest der roten Groß­väter Marx und Engels.
Erschienen in der UHUDLA Edition im Jahre 1998

Zwar einer der kürzesten, dafür aber einflußreichsten Texte der Geschichte.
Die UHUDLA edition verlegte zum 150jährigen Erscheinungsjubiläum das Manifest der roten Großväter Karl Marx und Friedrich Engels.
Mit Österreichbezug durch einen Beitrag des Historikers und Kenners der Geschichte der Arbeiterbewegung Günther Grabner und mit 15 Cartoons von Karl Berger.

150 Jahre Manifest
ISBN 3 901561 04 8;  80 Seiten,
Preis: 5,- Euro und 3,- Euro Versandspesen
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uhudla.redaktion@gmail.com

Editorial UHUDLA edition

Ist es ein dadaistischer, literarischer oder politischer Akt, wenn sich ein Kleinverlag wie die edition uhudla entschließt, das „Manifest“ von Karl Marx und Friedrich Engels anläßlich des 150jährigen Jubiläums seines Erscheinens (im Februar 1848 in London) auferstehen zu lassen?

Von allem etwas. Dadaistisch, weil uns die Aussicht reizt, daß in einer Zeit, in der fast alles ursprünglich Schräge und Quere vom großen Geld vereinnahmt und in die allgemeine Suppe der Verwertbarkeit aufgenommen wird, die roten Großväter sich in dieser Hinsicht als sperrig und nicht integrierbar erweisen.

Literarisch, weil manche Leserin, mancher Leser angeregt sein wird, das „Manifest“ neu zu lesen, und weil diese neue Annäherungsweise vielleicht erstmals die schöne Sprache des „Manifests“ wahrnehmen läßt, etwa wenn die Bourgeoisie die heiligen Schauer der spießbürgerlichen Wehmut im eiskalten Wasser egoistischer Berechnung ertränkt.

Politisch, weil das Manifest in vielem zeitgenössisch geblieben ist, frisch und knackig. Dazu möchten wir drei Notizen machen:

Erstens: Die „Manifest“-Autoren argumentieren ganz und gar antifundamentalistisch (wie wir heute sagen würden), obwohl sie ein ziemlich fundamentalistisches Ziel haben, nämlich den Umsturz der bestehenden Eigentumsverhätnisse. Das „Manifest“ behält sozusagen den Überblick, istgleich die Fähigkeit, etwas von allen Seiten zu betrachten, und kommt ohne Schwarz-Weiß-Malerei aus. Antonio Gramsci hat einmal notiert, die Stärke des Marxismus liege darin, daß er „nicht nur sich selbst erkläre und rechtfertige, sondern auch alle vorhergegangenen Theorien“ (Gefängnishefte, Band 5, Seite 1068). Das „Manifest“ ist ein gutes Beispiel dafür. Hier findet – scheinbar paradox – eine Würdigung der besitzenden Klasse, der Bourgeoisie, statt, so wie diese selbst sich nie in ihrer Karriere gewürdigt hat: „Die Bourgeoisie hat in der Geschichte eine höchst revolutionäre Rolle gespielt … Erst sie hat bewiesen, was die Tätigkeit der Menschen zustande bringen kann … sie hat ganz andere Züge ausgeführt als Völkerwanderungen und Kreuzzüge. Die Bourgeoisie kann nicht existieren, ohne die Produktionsinstrumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämtliche gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend zu revolutionieren … Die Bourgeoisie … reißt auch die barbarischten Nationen in die Zivilisation…“

Zweitens: Das „Manifest“ hat Tendenzen der kapitalistischen Entwicklung vorweg durchschaut, die 150 Jahre später von der veröffentlichten Meinung als vermeintlich nie dagewesene „Globalisierungstendenzen“ entdeckt werden: „Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. Überall muß sie sich einnisten, … überall Verbindungen herstellen. Die Bourgeoisie hat durch ihre Exploitation des Weltmarktes die Produktion und Konsumtion aller Länder kosmopolitsch gestaltet…“ („Manifest“, Kapitel 1). Dagegen setzen Marx und Engels die Globalisierung des Widerstands. Voraussezung dafür ist die Überwindung der nationalistischen Denkblockaden: „Den Kommunisten ist vorgeworfen worden, sie wollten das Vaterland, die Nationalität abschaffen. Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man kann ihnen nicht nehmen, was sie nicht haben.“ („Manifest“, Kapitel 2).

Drittens: Viele von uns spüren, daß es mit der Menschheit nicht weitergeht, wenn es mit dem Kapitalismus (insbesondere in seiner neoliberalistischen Version) so weitergeht, und daß es ein neues „Manifest“ bräuchte, um die kritischen Geister aus verschiedenen Milieus, Generationen, Geschlechtern, Kulturen und Erdteilen zu vereinen. Das wird kein „kommunistisches Manifest“ mehr sein, denn der Widerstand ist irreversibel pluralistisch geworden. Aber es wird wiederum, wie das „Manifest“ von 1848, eine Vision, eine konkrete Utopie, eine Richtung des Weges formulieren müssen.

Ein neues Manifest wird frei sein von den Siegesprognosen, mit denen der traditionelle Marxismus aufgrund seines Dogmas des quasi gesetzmäßigen sozialen Fortschritts voll war. So hieß es auch im „Manifest“ von Marx und Engels: „Mit der Entwicklung der großen Industrie wird also unter den Füßen der Bourgeoisie die Grundlage selbst hinweggezogen, worauf sie produziert … Sie produziert vor allem ihren eigenen Totengräber. Ihr Untergang und der Sieg des Proletariats sind gleich unvermeidlich.“

Andererseits: Auch Prognosen sind Erkenntnisakte, steht bei Gramsci, Band 6, Seite 1400. Er begründet das so: Der mechanische Determinismus (so nennt er die Fortschrittsgläubigkeit der Marxisten) könne in schlechten Zeiten zu einer erstaunlichen Kraft des moralischen Widerstands werden. So versöhnt uns einer der klügsten Marxisten des 20. Jahrhunderts mit den (aus heutiger Sicht) an sich unbefriedigenden Stellen im bewegendsten Büchlein des 19. Jahrhunderts.

Wir haben übrigens dem „Manifest“ ein Vorwort von Marx und Engels zur deutschen Ausgabe von 1872 vorangestellt, um zu zeigen, daß die Autoren selbst einiges von dem, was sie ein Vierteljahrhundert zuvor geschrieben hatten, nun relativierten. Quasi „in ihrem Sinn“ haben wir den Abschnitt 3 des „Manifests“, eine zeitbedingte Polemik gegen „sozialistische“ Theoretiker vorwiegend aus der „vormarxistischen“ Zeit, weggelassen.
Von Robert Sommer

Gerhard Berger

Vorwort (zur deutschen Ausgabe von 1872)

Der Bund der Kommunisten, eine internationale Arbeiterverbindung, die unter den damaligen Verhältnissen selbstredend nur eine geheime sein konnte, beauftrage auf dem in London im November 1847 abgehaltenen Kongresse die Unterzeichneten mit der Abfassung eines für die Öffentlichkeit bestimmten, ausführlichen theoretischen und praktischen Parteiprogramms. So entstand das nachfolgende „Manifest“, dessen Manuskript wenige Wochen vor der Februarrevolution nach London zum Druck wanderte. Zuerst deutsch veröffentlicht, ist es in dieser Sprache in Deutschland, England und Amerika in mindestens zwölf verschiedenen Ausgaben abgedruckt worden. Englisch erschien es zuerst 1850 in London im „Red Republican“, übersetzt von Miß Helen Macfarlane, und 1871 in wenigstens drei verschiedenen Übersetzungen in Amerika, Französisch zuerst in Paris kurz vor der Juni-Insurrektion 1848, neuerdings in „Le Socialiste“ von New York. Eine neue Übersetzung wird vorbereitet. Polnisch in London kurz nach seiner ersten deutschen Herausgabe. Russisch in Genf in den sechziger Jahren. Ins Dänische wurde es ebenfalls bald nach seinem Erscheinen übersetzt.
Wie sehr sich auch die Verhältnisse in den letzten fünfundzwanzig Jahren geändert haben, die in diesem „Manifest“ entwickelten allgemeinen Grundsätze behalten im ganzen und großen auch heute noch ihre volle Richtigkeit. Einzelnes wäre hier und da zu bessern. Die praktische Anwendung dieser Grundsätze, erklärt das „Manifest“ selbst, wird überall und jederzeit von den geschichtlich vorliegenden Umständen abhängen, und wird deshalb durchaus kein besonderes Gewicht auf die am Ende von Abschnitt II vorgeschlagenen revolutionären Maßregeln gelegt. Dieser Passus würde heute in vieler Beziehung anders lauten. Gegenüber der immensen Fortentwicklung der großen Industrie in den letzten fünfundzwanzig Jahren und der mit ihr fortschreitenden Parteiorganisation der Arbeiterklasse, gegenüber den praktischen Erfahrungen, zuerst der Februarrevolution und noch weit mehr der Pariser Kommune, wo das Proletariat zum erstenmal zwei Monate lang die politische Gewalt innehatte, ist heute dies Programm stellenweise veraltet. Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, daß „die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und sie für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann“.
Ferner ist selbstredend, daß die Kritik der sozialistischen Literatur für heute lückenhaft ist, weil sie nur bis 1847 reicht; ebenso daß die Bemerkungen über die Stellung der Kommunisten zu den verschiedenen Oppositionsparteien (Abschnitt IV), wenn in den Grundzügen auch heute noch richtig, doch in ihrer Ausführung heute schon deswegen veraltet sind, weil die politische Lage sich total umgestaltet und die geschichtliche Entwicklung die meisten der dort aufgezählten Parteien aus der Welt geschafft hat.
Indes, das „Manifest“ ist ein geschichtliches Dokument, an dem zu ändern wir uns nicht mehr das Recht zuschreiben. Eine spätere Ausgabe erscheint vielleicht begleitet von einer den Abstand von 1847 bis jetzt überbrückenden Einleitung; der vorliegende Abdruck kam uns zu unerwartet, um uns Zeit dafür zu lassen.

London, 24.Juni 1872        Karl Marx        Friedrich Engels

3 Gedanken zu “150 Jahre Manifest der KommunistInnen

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